Bildung
Dietikon überlegt sich, eigene Bezirks-Sonderschule zu gründen

Die Stadt will ihre hohe Sonderschulquote von 5 Prozent senken – dazu ist vor allem Integration nötig.

Bettina Hamilton-Irvine
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In Dietikon sind nur etwa ein Viertel davon Schülerinnen oder Schüler, die den Schulbetrieb stark beeinträchtigen (Themenbild).

In Dietikon sind nur etwa ein Viertel davon Schülerinnen oder Schüler, die den Schulbetrieb stark beeinträchtigen (Themenbild).

Keystone

Die Stadt Dietikon kann sich vorstellen, in den nächsten ein bis zwei Jahren gemeinsam mit anderen Gemeinden im Bezirk eine eigene Sonderschule ins Leben zu rufen. Der Dietiker Schulvorstand wird deshalb das Gespräch mit anderen Schulgemeinden suchen, um ein mögliches gemeinsames Vorgehen zu prüfen. Dies schreibt die Schulpflege in der Antwort auf ein Postulat von FDP-Gemeinderat Martin Romer.

Romer hatte den Stadtrat gebeten, eine gemeindeeigene Sonderschule für besonders auffällige Schüler und Schülerinnen zu prüfen. Er verwies dabei vor allem auf die hohen und steigenden Kosten im Bereich auswärtige Sonderschulung. So seien nach Abzug der Rückerstattungen dafür im Jahr 2009 noch 2,9 Millionen Franken ausgegeben worden, während es drei Jahre später schon 4,6 Millionen waren.

Was heisst hier «schwierig»?

In seiner Antwort betont die Schulpflege, dass Sonderschulung die Bildung aller Kinder umfasse, die in einer Regelklasse oder Kleinklasse mit den vorhandenen Unterstützungsmassnahmen nicht angemessen gefördert werden können.

In Dietikon sind nur etwa ein Viertel davon Schülerinnen oder Schüler, die den Schulbetrieb stark beeinträchtigen. Diese rund 30 Kinder oder Jugendliche kosten insgesamt etwa 1,4 Millionen Franken. Die restlichen Kosten betreffen beispielsweise Schüler mit körperlichen oder geistigen Behinderungen, Spitalschulungen oder stationäre Platzierungen, die vor allem aus familiären Gründen nötig wurden.

Zudem müsse man auch bei sogenannt «schwierigen» Schülern den Hintergrund der Störung genau kennen, schreibt die Schulpflege. Nur schon der Begriff Verhaltensauffälligkeit decke alles ab von alltäglich störendem Verhalten bis zu Symptomen mit pathologischem Hintergrund. Im Zusammenhang mit Verhaltensproblemen wende die Schule Dietikon konsequent Disziplinarmassnahmen an – dazu gehören Aussprachen, Verweise, Wegweisung vom Unterricht oder ein temporärer Schulausschluss. Doch würden solche Massnahmen bei Kindern mit schweren sozialen Beeinträchtigungen oft zu kurz greifen und könnten deren Probleme selten lösen, heisst es im Bericht.

Gemäss dem Grundsatz «Integration vor Separation» will die Dietiker Schule, wenn immer möglich, teure Sonderschulungen mit gezieltem Einsatz von sonderpädagogischen Ressourcen verhindern. Die Schulpflege hat sich zum Ziel gesetzt, die Dietiker Sonderschulquote, die mit 5 Prozent deutlich über dem kantonalen Durchschnitt von 3,4 Prozent liegt, zu reduzieren. Dies sei jedoch nicht möglich, ohne die Integrationskraft der Regelschule zu stärken, schreibt die Schulpflege. Hoffnung setzt sie hier auch auf die wieder eingeführte Schulsozialarbeit, die durch Früherkennung in vielen Fällen eine spätere Eskalation verhindern kann.

Kosten werden nicht sinken

Hilfreich für die Reintegration von Verhaltensauffälligen in Regelklassen könnte dank der örtlichen Nähe auch eine kommunale Sonderschule sein, heisst es im Bericht. Diese würde aber kaum zur Senkung der Kosten beitragen: Heute gibt Dietikon für die etwa 20 Schüler, für die ein solches Angebot infrage käme, rund 600 000 Franken aus. Bei einer kommunalen Sonderschule rechnet die Schulpflege mit mindestens 650 000 Franken. Sie vermutet zudem, dass der Kanton, der keine Ausweitung des Gesamtangebots will, einer Dietiker Lösung kaum zustimmen würde. Mehr Chancen hätte wohl eine bezirksinterne Zusammenarbeit.

Gleichzeitig soll das Auszeiten-Konzept evaluiert werden, welches Schülern ein Time-Out von maximal zwölf Wochen und eine Versetzung in ein Förderzentrum ermöglicht. Die Schule will prüfen, ob damit Regelklassen entlastet werden können – und ob eine Weiterentwicklung die Sonderschulquote auf der Sekundarstufe stabilisieren oder gar senken könnte.