Schlieren
Die Stadt ist auch eine Forschungsobjekt

Welche Fotos sind zu erhalten? Ein neues Projekt will herausfinden, wie man Veränderungen in Räumen seit 1945 dokumentieren kann.

Sidonia Küpfer
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Schlieren damals
7 Bilder
 So sah Schlieren früher aus.
 So sah Schlieren früher aus.
 So sah Schlieren früher aus.
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 So sah Schlieren früher aus.
 So sah Schlieren früher aus

Schlieren damals

Was hat Schlieren mit dem Oberengadin zu tun? Vordergründig nicht viel, und das ist ideal für das Projekt der Zürcher Hochschule der Künste (ZHDK). In Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Nationalbibliothek in Bern führt die ZHDK das Forschungsprojekt «Archiv des Ortes» durch. Dabei geht es darum, Strategien zu entwickeln, wie man die Veränderungen von Räumen seit 1945 dokumentieren kann. Die Nationalbibliothek hat den Auftrag, solche Entwicklungen zu belegen und zu archivieren. «Bisher wurde eher das offizielle Bild gepflegt. Diese Postkartenidyllen haben aber oft wenig mit der alltäglichen Realität zu tun, die an einem Ort herrscht», erklärt Susanne Bieri, Leiterin der Graphischen Sammlung der Schweizerischen Nationalbibliothek, die Herausforderung.

Festhalten der Veränderungen

«Wir wollen die Rasanz der Veränderungen wahrnehmbar machen. Schliesslich muss man ja auch auf sie reagieren – sei es politisch oder planerisch», erklärt Meret Wandeler von der ZHDK. Zusammen mit Ulrich Görlich leitet sie das Projekt «Archiv des Ortes». Die Kriterien, was man sammeln soll, müssen dabei in einer Gemeinde der Agglomeration, wie es Schlieren ist, ebenso funktionieren, wie in einer touristischen Bergregion, dem Oberengadin. Am Donnerstag werden die Ergebnisse im Rahmen eines Kolloquiums präsentiert.

Dass nun gerade Schlieren zum Forschungsobjekt wurde, hängt mit einem verwandten Vorhaben zusammen: Die ZHDK führt eine fotografische Langzeitstudie zur Entwicklung Schlierens durch. Seit 2005 und noch bis 2020 soll die Stadtentwicklung dokumentiert und fotografisch begleitet werden (www.beobachtung-schlieren.ch). Dabei rief das Stadtentwicklungskonzept, das Schlieren damals verabschiedete, die Forschenden auf den Plan, genauer hinzuschauen. Später hatten sie die Idee zu einem Archiv-Projekt in Schlieren. Da die Nationalbibliothek ihr Sammelkonzept für ihre Fotosammlung weiterentwickeln wollte, kam es zur Zusammenarbeit.

In der Folge durchforsteten die Zürcher Forscher die Bestände der Nationalbibliothek, immer mit den Erkenntnissen aus dem Schlieremer Projekt im Hinterkopf: «Die Aufgabe des Teams bestand im Grunde darin, die Lücken unserer Bestände aufzudecken», erklärt Bieri. Dabei sollte komplementär zu den bekannten Sujets wie «Matterhorn», «Berner Bärengraben» oder dem «Zytglogge-Turm» bewusst nach dem realitätsnahen Bild Ausschau gehalten werden: «Wir suchen das so genannt unspektakuläre Bild», sagt Bieri. Dabei spielen auch die digitalen Medien eine Rolle: So kann auch ein Handyfilm einer Schulreise, für das Archiv bedeutsam sein.

Alles bleibt anders

«Es passiert viel in Schlieren. Der Blick in die Archive zeigt aber, dass das auch früher schon so war», sagt Meret Wandeler. Ausgehend vom zukunftsgerichteten Langzeitprojekt, sei es für das Forscherteam fast logisch gewesen, dass man sich auch für den Blick zurück auf Schlieren zu interessieren begann.

In Schlieren erwiesen sich nebst dem Archiv der Vereinigung für Heimatkunde Schlieren auch Firmenarchive als besonders ergiebig. Beispielsweise finde man auf Bildern zu Bauvorhaben oft Informationen über die Stadtentwicklung in dieser Zeit. «Das sind Bilder, die sowieso entstehen und die für Archivzwecke genutzt werden können», erklärt Wandeler das Konzept.

Weitere Bilder: www.archiv-des-ortes.ch