Schlieren
«Der Stadtrat politisiert nicht volksnah» — Verein kämpft aber für Alternative zur Kleintieranlage

Das Ende der Kleintieranlage lässt sich nicht abwenden. Der Schlieremer Quartierverein will sich aber für einen Ersatz starkmachen.

Alex Rudolf
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Noch geniessen sie zwar ihre Zeit im Limmattal. Bald müssen die Ziegen, Kaninchen und Hühner vom Schlieremer Kleintiergehege aber in einen Luzerner Gnadenhof umziehen
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«Dass bald Schluss sein wird, zeichnete sich schon seit längerem ab», sagt Holzer.
Leider sei es in der heutigen Zeit nicht mehr möglich, Tiere tagsüber unbeaufsichtigt zu lassen.
Kleintiergehege an der Freiestrasse
Das Gehege, das seit den 1980er-Jahren besteht, soll rückgebaut werden.
Jeden Morgen gegen sechs Uhr kümmert sie sich um die Tiere, lässt sie ins Freie und putzt die Ställe.

Noch geniessen sie zwar ihre Zeit im Limmattal. Bald müssen die Ziegen, Kaninchen und Hühner vom Schlieremer Kleintiergehege aber in einen Luzerner Gnadenhof umziehen

Severin Bigler

Geht es nach dem Schlieremer Stadtrat, soll es, nachdem das Kleintiergehege an der Freiestrasse rückgebaut wurde, kein vergleichbares Angebot mehr geben. «Die Tierhaltung gehört nicht zu den Kernaufgaben einer Gemeinde», schreibt die Exekutive diese Woche in ihrer Beantwortung einer Kleinen Anfrage von Gemeinderat Thomas Widmer (Quartierverein). Widmer erkundigte sich nach Massnahmen, die eine Weiterführung der Anlage gegenüber dem Stürmeierhuus ermöglichen.

Anlässlich der Budgetdebatte von vergangenem Dezember wurde öffentlich, dass das Gehege im kommenden April rückgebaut werden soll. Es besteht seit den 1980er-Jahren, als es auf einem Zivilschutzbunker erstellt wurde. Heute leben neben drei Ziegen, zahlreiche Hühner und Kaninchen im Gehege. Diese werden ehrenamtlich von zwei Seniorinnen betreut. Zwei Mal täglich versorgen sie die Tiere und reinigen das Gehege. Rückgebaut werden soll es aus unterschiedlichen Gründen, wie der Stadtrat ausführte. So wurden die Anforderungen an eine tiergerechte Haltung erhöht. Auch kommt es vor, dass die Tiere von Besuchern geplagt werden oder Haustiere dort ausgesetzt werden. Darüber hinaus befinden sich die beiden Seniorinnen im höheren Pensionsalter und die Suche nach einer Nachfolge würde sich schwierig gestalten, wie es in der Debatte hiess.

Stadt will keine Freiwilligen, die Tiere versorgen würden

Varianten, die einen Fortbestand des Geheges ermöglicht hätten, prüfte der Stadtrat nicht. Es komme nur ein vollständiger Rückbau in Frage, wie aus internen Abklärungen hervorgegangen sei. «Die hohen Investitionskosten für eine Gesamterneuerung der Anlage sowie eine strenge Auslegung des Tierschutzgesetzes stützen diese Vorgehensweise.» Eine artgerechte Tierhaltung sei nicht mehr möglich.

Daher machte sich der Stadtrat auch nicht auf die Suche nach Freiwilligen, die die Nachfolge der beiden Seniorinnen übernehmen würden. «Vereine mit ehrenamtlichen Einsätzen können die fachlichen, personellen wie auch gesetzlichen Anforderungen an die Führung eines Kleintiergeheges kaum erfüllen», schreibt der Stadtrat.

Auch dass im Rahmen der geplanten Grünen Mitte, ein neues Gehege für die Tierhaltung erstellt wird, ist nicht im Sinne der Stadt. Die Exekutive erkundigte sich bei der Nachbarin Dietikon, die seit Jahren die Freizeitanlage Chrüzacher betreibt. Diese unterscheide sich vom Schlieremer Kleintiergehege dadurch, dass sie konzeptionell in der Stadt verankert sei. Neben «eigenwilliger Architektur» besteche das «Chrüzi» auch durch viel Grün, ein Spielgelände, und die Haltung unterschiedlicher Tiere wie Vögel, Ziegen, Esel und Pferde. Der Einsatz von ausgebildeten Tierpflegenden würde mit einem Personalaufwand von jährlich rund 80'000 Franken zu Buche schlagen. Dabei wäre eine Stellvertretung noch nicht eingerechnet. Rund 75'000 Franken würden für Futter, Unterhalt und Besuche beim Tierarzt hinzukommen, rechnet der Stadtrat vor.

Widmer kämpft für eine Alternative anderswo in der Stadt

Nach dem Rückbau sollen die Bäume ausserhalb des Geheges stehenbleiben. Jene innerhalb kommen voraussichtlich weg, obwohl auch sie nach Meinung von Fachleuten bleiben könnten. Entstehen soll eine Blumenwiese, die, nicht wie von Widmer angeregt, zur bespielbaren Fläche werden soll. Denn in nächster Nähe bestünden ausreichend öffentlich zugängliche Spielplätze wie jener auf der Schärerwiese, beim Schulhaus Hofacker, an der Freiestrasse und beim Stadtpark. Auch die Nutzung als Schrebergärten, wie Widmer vorschlug, ergibt aus Sicht des Stadtrates wenig Sinn, da sich die Grünfläche inmitten eines Wohnquartiers befindet. Anderswo – etwa in der Grünen Mitte – eine ähnliche Anlage zu erstellen, sieht die Stadt zudem nicht vor.

«Dass man keine Möglichkeiten für den Fortbestand gesucht hat, enttäuscht mich», sagt Widmer auf Anfrage. Dabei habe er in den letzten Wochen und Monaten ein starkes Bedürfnis aus der Bevölkerung nach einer solchen Anlage gespürt. «Der Stadtrat zeigt mit dieser Antwort, dass er nicht sehr volksnah politisiert.» Für eine Stadt mit gut 18000 Einwohnern sei eine solche Anlage ein gutes Mittel zur Erhöhung der Lebensqualität. «Das sollte sich Schlieren leisten können.» Zwar sei es nun wohl zu spät, sich mit politischen Mitteln für den Erhalt einzusetzen. «Ich kämpfe aber dafür, dass der Stadtrat anderswo für eine Alternative sorgt. Hoffentlich kann ich dabei auf mehr Unterstützung der anderen Parteien zählen.»