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Um für Covid-Patienten bereit zu sein, hat das LImmi auf alle nicht wichtigen Behandlungen und Operationen verzichten müssen: Was dies gekostet hat und weshalb sich diese Vorbereitungen dennoch gelohnt haben, sagt Spitaldirektor Thomas Brack im Interview.
Rund eine Million Franken pro Woche hat das Spital Limmattal an Umsatz verloren: Alle Zürcher Spitäler durften in den vergangenen Wochen nur noch dringend notwendige medizinische Eingriffe vornehmen. Die kantonale Gesundheitsdirektion wollte mit ihrer Verfügung Material und Personalressourcen schonen, «um ein einwandfreies Funktionieren der stationären Gesundheitsversorgung während der Corona-Pandemie sicherzustellen». Ab Montag ist diese Einschränkung wieder aufgehoben; so startet auch am Spital Limmattal – neben einer weiterhin personell und räumlich abgetrennten Corona-Abteilung – wieder der Normalbetrieb. Spitaldirektor Thomas Brack erklärt im Gespräch mit der «Limmattaler Zeitung», weshalb er trotz der hohen Kosten eine positive Bilanz zieht.
Thomas Brack: In den vergangenen vier Wochen verzeichneten wir im stationären Bereich etwa 20 bis 25 Prozent weniger Fälle. Im ambulanten Bereich ist der Einbruch grösser, er liegt zwischen 35 und 40 Prozent.
Für das erste Quartal bleibt der Einfluss noch gering. Im Januar und Februar lagen wir noch über dem Budget, im März war eigentlich nur die letzte Woche stark betroffen. Im April schlagen die Mindererträge hingegen voll durch. Was dies für das ganze Geschäftsjahr bedeutet, muss sich noch weisen. Ein Teil der jetzt abgesagten Behandlungen könnte beispielsweise noch nachgeholt werden. Das Limmi verfügt aber über stabile Finanzen, die Liquidität ist gesichert. Wir müssen sicher nicht die Gemeinden für eine finanzielle Unterstützung angehen.
Nein, die Einbrüche sind gross. Wir gehen davon aus, dass wir pro Woche rund eine Million hinter dem Budget zurückliegen. Bei einem Gesamtumsatz von 200 Millionen Franken im Jahr ist das ein enormer Betrag. Über den Verband Zürcher Krankenhäuser stehen wird im Dialog mit der Gesundheitsdirektion. Bund und Kanton hatten angeordnet, dass wir unsere Leistungen nicht erbringen dürfen. Dies müsste entschädigt werden. In den Kantonen Bern und Graubünden wurden bereits entsprechende Lösungen erarbeitet. Auch im Kanton Zürich wird es eine solche geben, wir wissen einfach noch nicht in welcher Grössenordnung und mit welchen Spielregeln.
Nein, wir alle hatten die Bilder aus Italien, Spanien und dem Tessin im Kopf. Daraufhin sind Massnahmen – etwa das Veranstaltungsverbot – ergriffen worden. Wie diese wirken und ob sich die Leute daran halten, wusste niemand. Es war schlau, genügend Kapazitäten zu schaffen. So haben wir am Limmi die Zahl der Intensivpflegeplätze von 8 auf 12 erhöht. Wir wären auf eine Welle vorbereitet gewesen. Dass die zusätzliche Kapazität nicht benötigt wurde, ist positiv. Denn dies zeigt, die Strategie, alles zu unternehmen, damit das Gesundheitswesen nicht überlastet wird, ist aufgegangen. Nun ist es aber auch wichtig, dass die Einschränkungen für die Spitäler wieder aufgehoben werden. Wir sind froh, dass wir am Montag wieder loslegen können.
Wir wissen nun seit anderthalb Wochen, dass für die Spitäler eine gewisse Lockerung kommen wird. In den vergangenen Tagen haben wir deshalb jene Patienten kontaktiert, deren Termine wir wegen der vorgegebenen Fokussierung auf die Pandemie absagen mussten. Es wird wohl rund eine Woche brauchen, bis wir wieder eine Art Normalstand erreicht haben.
Wir rechnen damit, dass einige Personen, die wir kontaktieren, mit einer nicht dringenden Behandlung noch etwas zuwarten wollen. Aber eine besondere Gefahr besteht im Spital nicht, wie auch die beiden Chefärzte im Interview festgehalten haben. Im Spital sind wir – ganz unabhängig vom Coronavirus – seit je sensibilisiert, wir wissen, wie mit Infektionen umzugehen ist.
Ja, Patienten, die angesteckt sind oder bei denen bloss ein solcher Verdacht besteht, werden im Limmi nie in Kontakt mit virusfreien Patienten kommen. Vor der bevorstehenden Öffnung haben wir die in den vergangenen Wochen aufgebauten Strukturen nochmals analysiert. Dabei zeigte sich, dass diese Gewähr für eine strikte räumliche und personelle Trennung bieten, es gibt keine Vermischung. Zudem werden ab Montag die Schutzmassnahmen noch verstärkt. Es wird neu eine generelle Maskenpflicht gelten, dies für alle auf dem gesamten Spitalareal und inklusive Pflegezentrum. Noch einmal: Ein Spital ist ein vergleichsweise sicherer Ort. Hygiene ist unser tägliches Business. Wir sind, anders als ein Baucenter, ein Detailhändler oder ein Blumengeschäft, für den Umgang mit Infizierten wirklich eingerichtet.
Angst habe ich nicht. Denn ich glaube, die Bevölkerung ist sich schon sehr bewusst, dass die Lockerungen noch keine Normalität bedeuten, sondern erst einen ersten Schritt in diese Richtung. Persönlich rechne ich aber damit, dass sich die Zahl der Ansteckungen wieder leicht erhöhen wird.
Wir sind selbstverständlich auf alle Eventualitäten vorbereitet. Sollte sich die Zahl der Covid-Fälle wieder massiv erhöhen, könnten wir die Zahl der Intensivpflegeplätze wieder innert dreier Tage von 8 auf 12 erhöhen. Aber ich glaube, dass die Zunahme der Infizierten in einem Rahmen bleiben kann, der die Spitäler nicht an ihre Grenzen führen wird. Halten wir uns alle an die Hygiene- und Abstandsregeln, werden wir die Ausbreitung der Krankheit weiterhin im Griff haben.
Es wird sich natürlich erst zeigen, ob die Bevölkerung diszipliniert bleiben wird. Doch die Erfahrungen der vergangenen Woche stimmen mich zuversichtlich. Bislang haben sich die Leute gut an die Vorgaben gehalten, das zeigen die Ergebnisse der vergangenen Wochen. Die Szenarien, die noch Anfang März möglich schienen, traten alle nicht ein. Die Entwicklung lief gedämpfter ab. Das zeigt, dass die Bevölkerung das Virus ernst genommen hat.
Es ist nicht davon auszugehen, dass es einfach verschwinden wird. Das Virus ist erst keine Gefahr mehr, wenn die Durchseuchung in der Bevölkerung hoch ist und damit viele bereits einmal erkrankt waren oder wenn ein Impfstoff gefunden werden konnte. Keine von beiden Lösungen wird innert weniger Wochen zu erzielen sein. Wir müssen uns auf eine lange Zeit einstellen, in der die Möglichkeit einer Ansteckung bestehen bleibt. Dass wir unser Verhalten anpassen, wird Teil unseres normalen Alltages sein.
Dieses Virus kann sich stark verbreiten. Die strikte Trennung bleibt weiterhin notwendig. So werden wir beispielsweise die Abklärstation, die direkt neben unserem Notfall aufgebaut wurde, weiter betreiben. Die Zahl der täglichen Tests ist inzwischen zwar von 60 auf rund 20 zurückgegangen. Doch nun wird die Teststrategie geändert; neu werden auch wieder Personen abgeklärt, die bloss leichte Symptome aufweisen. Deshalb braucht es diese separate Station weiterhin. Dass wir zwei getrennte Einrichtungen führen, verkompliziert die Prozesse. Aber die vergangenen Wochen haben gezeigt, dass wir das schaffen.
Heute ist es gewiss noch zu früh dazu. Und wie lange es noch dauern wird, ist ungewiss. Aber es kümmern sich weltweit viele Forscher und Ärzte um das Virus. Dabei werden fast täglich neue Erkenntnisse gewonnen, wie sich dieses verhält, welche Mechanismen dahinter stehen. Mit diesem Wissen gewinnen wir auch zusehends mehr und mehr Sicherheit, wie mit dem Virus umzugehen ist. Aber vorerst bleibt es leider dabei, dass einfach grundsätzlich Abstand zu halten ist und dass die Hygieneregeln einzuhalten sind, um eine Verbreitung des Virus zu verhindern.