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Region (LiZ)
Limmattal
Der Pflegezentrum-Auftrag wurde nicht ausgeschrieben sondern Freihändig an Losinger Marazzi übergeben – demselben Unternehmen, das bereits auch für den Spitalneubau verantwortlich ist. Die Rechtslage ist dabei nicht eindeutig.
Auf dem Weg zum dringend benötigten neuen Pflegezentrum ist das Spital Limmattal einen Schritt weiter. Die Verantwortlichen haben den Bauauftrag vergeben. Auffällig ist, dass das Grossprojekt mit einem Volumen von 40 Millionen Franken nicht öffentlich ausgeschrieben, sondern freihändig vergeben wurde – an den Totalunternehmer, der aktuell auch den Spitalneubau erstellt, Losinger Marazzi. Der Zuschlag wurde am letzten Freitag im kantonalen Amtsblatt publiziert, zurzeit läuft die zehntägige Einsprachefrist.
Das Pflegezentrum soll in einer Erweiterung des Spitalneubaus untergebracht werden, der schon im ursprünglichen Projekt angedacht war. Daher ergebe es keinen Sinn, dass ein anderer Anbieter diesen erstelle, weil nur Losinger Marazzi über das nötige Wissen verfüge, um einen reibungslosen Ablauf zu garantieren, sagt Spitaldirektor Thomas Brack. Gemäss kantonaler Submissionsverordnung sei die Direktvergabe in diesem Fall zulässig. Das habe man detailliert analysiert, um ganz sicher zu gehen.
Hört man sich bei Experten um, wird klar, dass die Rechtslage nicht eindeutig ist. Die Absätze c und f des Paragrafen 10 der Submissionsverordnung, auf den sich die Spitalverantwortlichen berufen, seien auf jeden Fall nicht mit dem Gedanken an Fälle wie diesen formuliert worden, sagt Rechtsanwältin Julia Bhend, die auf Submissionsrecht spezialisiert ist: «Das ist sicher nicht das Lehrbuchbeispiel dafür.»
Nach Absatz c kann ein Auftrag direkt vergeben werden, wenn nur dieser Anbieter aus Gründen des geistigen Eigentums, technischen oder künstlerischen Besonderheiten infrage kommt. Absatz f betrifft Folgebeschaffungen zur Deckung eines Mehrbedarfs, die aus Kompatibilitätsgründen demselben Anbieter vergeben werden müssen. Dabei setze eine direkte Vergabe ebenfalls voraus, dass einzig der ursprüngliche Anbieter diese Leistungen erbringen könne, sagt Bhend. Im vorliegenden Fall könne man von einem «beträchtlichen Einspracherisiko» ausgehen.
Rechtsanwalt Lukas Fässler, ebenfalls Experte in Submissionsrechtsfragen, betont, dass man, um den vorliegenden Fall zu beurteilen, die gesamten Ausschreibungsunterlagen für den ursprünglichen Auftrag und die genauen Formulierungen in Bezug auf den Erweiterungsbau prüfen müsste. Wichtig sei auch die Frage, ob die Abhängigkeit vom ersten Projekt so gross sei, dass niemand am Markt den Folgeauftrag ausführen könnte. In Bezug auf die beiden erwähnten Passagen gibt er zu bedenken, dass diese klassische «weiche Bestimmungen» seien, die auf unzählige Arten interpretiert werden könnten. «Es ist allseits bekannt, dass sich öffentliche Verwaltungen immer wieder auf genau diese Bestimmungen berufen, wenn sie das aufwendige öffentliche Ausschreibungsverfahren verhindern wollen», sagt der Inhaber der Anwaltskanzlei FSDZ Rechtsanwälte & Notariat in Baar.
«Die Verwaltung weiss, dass es bei der Anrufung dieser Bestimmungen einen Kläger braucht, der die Nichtausschreibung vor dem zuständigen kantonalen Gericht anficht.» Mit der Publikation im Amtsblatt werde dann versucht, gewissermassen das Vorgehen zu legitimieren, wenn innerhalb von zehn Tagen kein Unternehmen Beschwerde eingereicht habe, so Fässler. Er weist darauf hin, dass auch die Wettbewerbskommission Weko das Recht habe, selbstständig Beschwerde zu erheben, um vom zuständigen Gericht feststellen zu lassen, ob ein Entscheid den Zugang zum Markt in unzulässiger Weise beschränkt habe.
Auch ein Blick in das vom Kanton erstelle Handbuch für Vergaben zeigt: Die beiden Bestimmungen, auf die sich das Spital bezieht, geben einen gewissen Raum für Interpretationen. So hält der Kanton fest, dass der Ausnahmetatbestand c nur dann erfüllt sei, wenn es erstellt sei, dass nur ein einziges Unternehmen den Auftrag erfüllen könne. Wenn nicht feststehe, ob eine gleichwertige Leistung erhältlich sei, müsse ein offenes Verfahren durchgeführt werden, «da nur so ermittelt werden kann, ob eine Alternative existiert».
Bei Punkt f, der die Folgebeschaffung betrifft, stehe die Kompatibilität mit früheren Investitionen im Vordergrund, schreibt der Kanton. Hier gebe es aber zu bedenken, dass bei anspruchsvollen Leistungen jeder Anbieterwechsel zu Schwierigkeiten führe: «Der Ausnahmetatbestand ist daher nur erfüllt, wenn sich diese mit angemessenem Aufwand nicht beheben lassen.»