Bezirksgericht Dietikon
«Das Geld hat ihn süchtig gemacht»: Velodieb muss das Land verlassen

Mehr als 80 Velos hat ein Slowake gestohlen. Das Bezirksgericht Dietikon verurteilte ihn zu 36 Monaten Gefängnis.

Louis Probst
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Das Veloklauen sei eine Sucht gewesen, erklärte der Beschuldigte vor Gericht.

Das Veloklauen sei eine Sucht gewesen, erklärte der Beschuldigte vor Gericht.

Themenbild: Susann Basler

«Das Ganze war ein riesenschlechter Trip», erklärte der Beschuldigte vor dem Bezirksgericht Dietikon. Vorgeworfen wurde dem knapp 20 Jahre alten slowakischen Staatsangehörigen, der seit zehn Jahren in der Schweiz lebt, innerhalb eines Jahres mehr als 80 Velos gestohlen und – meist via Internet und soziale Medien – verkauft zu haben. Abgesehen hatte er es vor allem auf E-Bikes. Aber auch Mountainbikes und sogar Kindervelos verschmähte er nicht.

Die Velos stahl er aus Garagen, Veloräumen, Kellern oder ganz einfach aus Veloständern. Mehrmalige Festnahmen vermochten ihn nicht vom Velo­klauen abzuhalten. Die Serie nahm erst ein Ende, als das Zwangsmassnahmengericht den Beschuldigten nach einer vierten Festnahme unter Haus­arrest stellte und ihm eine elektronische Fussfessel verpasste. Vorgeworfen wurden dem Beschuldigten schliesslich Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz.

«Ich hatte kein Geld. Ich sah keinen anderen Weg»

Wie schon in der Untersuchung gestand der junge Mann vor Gericht die ihm zur Last gelegten Delikte ohne Umschweife ein. Auf die Frage von Bezirksgerichtspräsident Stephan Aeschbacher nach dem Grund für die Diebstähle erklärte der Beschuldigte, der bei seiner Mutter lebt und monatlich einige hundert Franken an Sozialhilfe erhält: «Ich hatte kein Geld. Ich sah keinen andern Weg.» Auf die Frage, weshalb er denn keine Stelle gesucht habe, räumte er ein: «Ich war zu faul.» Inzwischen arbeitet er wöchentlich einige Stunden für das Bauamt seiner Wohngemeinde.

Das mit dem Klauen sei eine Sucht gewesen, meinte der Beschuldigte. Er wolle denn auch eine Suchttherapie absolvieren. Zur drohenden Landesverweisung machte er geltend, dass er keine Kontakte zu seinem Heimatland und vieles seiner Muttersprache vergessen habe. Er musste sich dann aber vorhalten lassen, dass er vor gut einem Jahr sechs Monate lang bei einem Onkel in der Slowakei gelebt hatte.

«Bedenklich hohe kriminelle Energie»

«Der Beschuldigte hatte offenbar gemerkt, wie er leicht zu Geld kommt, und hat auch nach den Festnahmen an seinem ‹Geschäftsmodell› festgehalten», stellte der Staatsanwalt fest. «Das Geld hat ihn süchtig gemacht.» Der Beschuldigte habe ein «bedenklich hohes Mass an krimineller Energie» an den Tag gelegt und trotz Verhaftungen beibehalten. Der Staatsanwalt forderte, den Beschuldigten wegen mehrfachen gewerbsmässigen Diebstahls, mehrfacher Sachbeschädigung, mehrfachen Hausfriedensbruchs sowie Widerhandlungen gegen das ­Betäubungsmittelgesetz mit 36 Monaten Haft und einer Busse von 700 Franken zu bestrafen und ihn für acht Jahre des Landes zu verweisen.

Der Verteidiger versuchte, seinen Mandanten in ein etwas besseres Licht zu rücken. Er ­beantragte eine Haftstrafe von 20 Monaten, wobei er einen ­bedingten Aufschub von 10 Monaten als angemessen bezeichnete. Er forderte zudem einen Freispruch vom Vorwurf der Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie vor allem den Verzicht auf eine Landesverweisung. Im Gegensatz zum Ankläger bejahte der Verteidiger das Vorliegen eines Härtefalles. Zudem wies er auf die Wirkung des Freizügigkeitsabkommens mit der EU hin, weil sein Mandant Bürger eines EU-Landes sei.

Die Verteidigung blieb chancenlos

Das Gericht folgte jedoch – bis auf die Dauer der Landesverweisung und die Höhe der Busse, die es auf 200 Franken ­ansetzte – den Anträgen der Staatsanwaltschaft. Es sei klar, dass vom Ausmass der Delikte her nur eine Freiheitsstrafe in Frage kommen könne, erklärte der Vorsitzende. Der Beschuldigte sei von «erschreckender Unbelehrbarkeit» und «beispielloser Unverfrorenheit». Echte Reue sei nicht spürbar.

Eine Landesverweisung – sie wurde auf sechs Jahre fest­gesetzt – sei zwingend. Von einem Härtefall könne nicht gesprochen werden. Auch sei, gestützt auf einen Entscheid des Zürcher Obergerichtes, das Freizügigkeitsabkommen nicht anwendbar.