In Zürich Aussersihl war es nach der ersten Eingemeindung zu eng geworden, deshalb verlegte die Stadt ihr Gaswerk nach Schlieren. Am 20. November 1898 hat es seinen Betrieb aufgenommen.
nicht. Trotzdem waren die Verantwortlichen stolz auf ihr Werk. Die verschiedenen Versuche in der Woche zuvor liefen so gut, dass man an diesem 20. November 1898 zur Tat schreiten konnte. Um 16 Uhr nahm das städtische Gaswerk Schlieren nach nur 15 Monaten Bauzeit seinen Betrieb auf.
Die Schwierigkeiten, die sich durch die grosse Eile beim Bau ergaben, wurden denn auch von Stadtrat Jakob Lutz in seiner Ansprache erwähnt. Doch «dank der Hingabe der Unternehmen Fietz und Leuthold, der Dampfmaschinenlieferantin Eicher Wyss und Cie. und der übrigen Firmen, dank der unermüdlichen Ausdauer, Gewissenhaftigkeit und Treue des Direktors Weiss und nicht zuletzt dank des Entgegenkommens des Gemeinderates und der Gemeinde Schlieren» konnten sämtliche Probleme gelöst werden, schloss Lutz seine Rede in der «Lilie».
Tatsächlich war das Grossprojekt nicht nur sehr schnell gebaut, sondern auch geplant worden. Denn erst im Februar 1896 fiel der Standortentscheid. Mitte April wurde Schlierens Gemeindepräsident Frey über die Pläne unterrichtet. Bis Mitte August waren die Gutachten zur Grösse der Anlage fertiggestellt und im Februar 1897 wurde schliesslich ein Kredit in der Höhe von 7,8 Millionen Franken für das neue Gaswerk in Schlieren bewilligt.
Stunden dauerte in den Anfangsjahren eine Arbeitswoche im Gaswerk. Später waren es 48 Stunden.
Die Eile tat not, denn mit der Eingemeindung von elf Aussengemeinden 1893 wurde Zürich zur Grossstadt. Mit dem Anstieg der Bevölkerungszahl wuchs auch die Nachfrage nach Gas. Die bestehende Anlage im Industriequartier unterhalb des Limmatplatzes vermochte diese nicht mehr lange zu stillen. An einen Ausbau war wegen der vielen Wohnbauten nicht zu denken. Damit kam auch das zweite Gaswerk der Stadt Zürich an sein Lebensende.
Die Anfänge der städtischen Gasversorgung waren eng mit der öffentlichen Beleuchtung Zürichs verknüpft. Bereits 1778 stand eine erste öffentliche Öllaterne bei der Hauptwache. 1806 wurde schliesslich die Strassenbeleuchtung mit Öllaternen eingeführt. 17 Jahre später – in London wurden die Strassen bereits mit Gas beleuchtet – wurde für die Spinnerei Neumühle eine Gasbeleuchtung projektiert.
Bis die Strassen der Stadt auf diese Weise erhellt wurden, sollte es allerdings noch eine Weile dauern. 1856 ging auf dem Platzspitzareal das Gaswerk Zürich als viertes Unternehmen der Gasproduktion in der Schweiz in Betrieb. Bereits 1842 wurde in Bern das erste Gaswerk des Landes eröffnet.
Personen arbeiteten im Gaswerk, ein Teil davon im Dreischichtbetrieb.
Der Konzessionsvertrag für das Zürcher Werk mit L.A. Riedinger aus Bayreuth war auf 30 Jahre abgeschlossen worden. Zweck der Anlage war die Herstellung von Gas für die Beleuchtung. Bei Inbetriebnahme des Werkes waren 436 öffentliche und rund 3000 private Flammen angeschlossen. Damit wurde die alte Strassenbeleuchtung mit Öllampen durch Gasleuchten ersetzt.
Schon bald gab es zwischen den Konzessionären und dem Stadtrat allerdings Differenzen wegen der Leuchtkraft der Flammen. Das Gaswerk war ausschliesslich für Holzvergasung eingerichtet. Da es der Gasgesellschaft verboten war, Gas aus Kohle dem Holzgas beizumischen, um eine bessere Gasqualität zu erreichen, musste nach einer neuen Lösung gesucht werden.
Der Zürcher Stadtrat willigte deshalb in die Abänderung des Konzessionsvertrages ein und sprach 250 000 Franken für den Bau eines Kohlegaswerkes im Industriequartier. Dieses zweite Werk nahm 1867 seinen Betrieb auf. Es kostete 650 000 Franken. Nach Ablauf des 30-jährigen Konzessionsvertrages erwarb die Stadt 1886 das Werk für etwas mehr als 1,3 Millionen Franken.
Als nach der Eingemeindung von 1893 absehbar war, dass die Gasproduktion in Aussersihl nicht mehr länger genügen würde, um die Versorgung sicherzustellen, wurde nach einem neuen Standort Ausschau gehalten. Dieser musste verschiedene Voraussetzungen erfüllen. So sollte er an der tiefsten Stelle des Beleuchtungsgebietes liegen, da Stadtgas leichter als Luft ist. Zudem mussten die Zufahrtsmöglichkeit für die Kohle und der Baugrund gut sein. Zur Auswahl standen die drei Plätze Hardhüsli in Altstetten, Juch in Altstetten und Juch in Schlieren.
bis 450 Franken pro Jahr kostete, je nach Grösse, eine Wohnung in der Arbeiterwohnkolonie um 1900.
Den Ausschlag für Schlieren gab neben der richtigen Höhenlage auch der Umstand, dass der Gleisanschluss zum Bahnhof Schlieren kurz war und von der Nordostbahn-Gesellschaft bewilligt wurde. Beim Anschluss in Altstetten war dies nicht der Fall. Überdies war der Baugrund in Schlieren günstiger als an den anderen möglichen Standorten.
Die Stadt Zürich hatte das Land bereits in den 1870er-Jahren erworben, um dort eine Abwasserreinigungsanlage zu bauen. Statt der Kläranlage bekam Schlieren nun aber ein Gaswerk – und mit ihm weitere neue Bauten.
Denn viele Arbeiter, die bereits am alten Standort in Zürich gearbeitet hatten, mussten nun mit dem Zug nach Schlieren kommen oder sich am neuen Arbeitsort eine Wohnung suchen. Dies gestaltete sich jedoch schwierig. Denn in den Bauerndörfern im Limmattal gab es nicht genügend Wohnungen.
Und so kam es, dass die Stadt Zürich erstmals als Bauherrin im gemeinnützigen Arbeiterwohnungsbau auftrat. Gegenüber dem Gaswerk wurden insgesamt 38 Wohnungen errichtet, die Anfang Oktober 1901 bezogen werden konnten. Damit war die Baugeschichte der Anlage jedoch noch nicht abgeschlossen. Bis zu seinem Ende 1974 wurde das Kohlegaswerk zweimal ausgebaut.
Hans-Peter Bärtschi: Erweitertes Gutachten über die stillgelegten Gaswerkanlagen und die Werksiedlungen in Schlieren bei Zürich zuhanden der Direktion der öffentlichen Bauten des Kantons Zürich im Auftrag der kantonalen Denkmalpflege-Kommission, 1979.
Max Kübler: Das Kohlengaswerk der Stadt Zürich in Schlieren 1898–1974, Jahrheft 1995.
Bruno Meier und Verena Rothenbühler: Geschichten aus dem Alltag. Schlieren 1750–1914.