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Region (LiZ)
Die Stadt Zürich plant erstmals Alterswohnungen speziell für die LGBTI-Gemeinschaft: In der Neubausiedlung Espenhof im Stadtteil Albisrieden ist ab 2025 Platz für schwule, lesbische, trans-, bi- und intersexuelle Menschen reserviert. Laut Stadtrat Andreas Hauri ist dies auch für die Schweiz eine Premiere.
Es brauchte mehrere Anläufe und dauerte Jahre. Doch jetzt entstehen in Zürich die ersten Alterswohnungen für die LGBTI-Gemeinschaft, also für lesbische, schwule, bi-, trans- und intersexuelle Menschen. Den Anstoss dazu hatte der 2014 gegründete Verein queer Altern gegeben. Am Dienstag trat dessen Präsidentin Barbara Bosshard zusammen mit dem 2018 gewählten GLP-Stadtrat Andreas Hauri vor die Medien, um die Premiere zu präsentieren. «Es ist ein Pionierprojekt, nicht nur für Zürich, sondern für die Schweiz», sagte Hauri. Und Bosshard fügte an: «Das ist für queere Alte ein Durchbruch, ein bewegender Moment.»
Bis 1979 hatte die Stadt Zürich Schwulenregister geführt. Noch bis 1992 galt Homosexualität gemäss Weltgesundheitsorganisation als Krankheit. 2003 lancierte der Kanton Zürich die eingetragene Partnerschaft für Gleichgeschlechtliche – ein für die Schweiz wichtiger Schritt in Richtung Gleichberechtigung. «Nun kann die Generation, die sich für gleiche Rechte eingesetzt hat, auch im Alter mit Stolz leben», sagte Bosshard.
Im Rahmen des Ersatzneubauprojekts der Alterssiedlung Espenhof in Zürich-Albisrieden werden 20 von 135 neuen Alterswohnungen für die LGBTI-Gemeinschaft reserviert; ebenso ein Grossteil der 24 Plätze in den drei geplanten Pflegewohngruppen. Es gehe nicht um Separierung, betonte Hauri – im Gegenteil: «Das ist ein Zeichen für Toleranz und Integration.» Die für queeres Altern reservierten Wohnungen würden zu den genau gleichen Bedingungen vermietet wie alle anderen Alterswohnungen.
Bislang sei der Übertritt in Altersheime für queere Menschen oft besonders schwierig, erklärte Bosshard. Zum Teil träfen sie dort auf Menschen, die wenig Verständnis für sie zeigten. «Das kann verletzend sein. Viele leiden deswegen an Depressionen.» Die Folge: «Die meisten von uns verschwinden wieder in die Anonymität, weil sie Angst vor weiteren Verletzungen haben.»
Anders soll es nun im Espenhof werden: «Hier ist es selbstverständlich, dass man queere Lebensentwürfe auch im Alter leben kann», sagte Basil Spiess vom Verein queer Altern. Da es das erste Mal sei, dass es in der Schweiz ein queeres Alterswohnprojekt gebe, sei eine wissenschaftliche Begleitung beabsichtigt. Es gehe darum, den Einfluss dieser neuen Form des Zusammenlebens aufs Wohlbefinden und auf die Gesundheit zu untersuchen.
Das Espenhof-Projekt konkretisiert die kürzlich von Hauri präsentierten Altersstrategie der Stadt Zürich. Es zielt darauf ab, dass ältere Menschen generell möglichst lange möglichst selbstständig und gesellschaftlich integriert wohnen können – mit Betreuung nach Bedarf. Von den vier geplanten Neubauten ist einer für queere Alte reserviert. In den übrigen Gebäuden sind weitere Alterswohnungen, ein Kindergarten sowie ein Spitex-Standort geplant.
Die Mieten für die 1- bis 3,5-Zimmer-Wohnungen dürften voraussichtlich zwischen 900 und 1800 Franken pro Monat liegen, wie Andrea Martin-Fischer, Direktorin der Stiftung Alterswohnungen der Stadt Zürich, auf Anfrage sagte. Die städtische Stiftung ist Bauherrin des Projekts. Die Baukosten des Gesamtprojekts werden auf 50 Millionen Franken veranschlagt. Der Baustart ist für 2023 geplant, bezugsbereit sollen die Neubauten ab 2025 sein.
Dort einziehen könne nur, wer schon vorher in der Stadt Zürich gewohnt habe, hielt Hauri fest. Falls aber andere Gemeinden an dem Projekt interessiert wären, würde die Stadt Zürich sie gerne beraten. Vorbilder gibt es laut Bosshard auch in Berlin und Wien.