Bezirksgericht
Nach Bahnhofsschlägerei: Reuiger Limmattaler muss ins Gefängnis

Für den Kauf einer grossen Menge von Drogen und eine Schlägerei wurde ein 22-Jähriger verurteilt. Obwohl er sein Leben nach eigener Aussage «um 180 Grad gedreht» habe, schickt ihn das Gericht für 18 Monate ins Gefängnis.

Bettina Hamilton-Irvine
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Auf dem Perron 3 des Dietiker Bahnhofs kam es zu einem Streit, der schwerwiegende Folgen haben sollte.

Auf dem Perron 3 des Dietiker Bahnhofs kam es zu einem Streit, der schwerwiegende Folgen haben sollte.

DEG

Es war ein kurzer, aber wüster Streit, der sich Mitte Januar 2016 kurz vor Mitternacht auf dem Perron beim Gleis 3 in Dietikon zutrug. Ein damals 20-jähriger Mann fühlte sich vom lauten Knall provoziert, der entstand, als die Tür des Wartehäuschens gegen die Wand schlug. Der betrunkene Mann – ein Kurde mit türkischer Staatsangehörigkeit – stellte den 18-jährigen Italiener, dem dieser Fauxpas passiert war, draussen auf dem Perron zur Rede und verpasste ihm zwei Ohrfeigen.

Dieser liess sich das nicht gefallen und streckte den Angreifer mit einem Faustschlag nieder. Es kam zu einer Schlägerei, bei der auch Kollegen des Italieners involviert waren und die den Angreifer mit einer gebrochenen Nase, einer Hirnerschütterung sowie einem Hämatom am Auge zurückliessen.

Eine Reihe von Vergehen

Für die Tätlichkeiten wurde der Italiener bereits im Juni dieses Jahres verurteilt. Am Dienstag stand nun der heute 22-jährige Kurde vor dem Dietiker Bezirksgericht. Dabei ging es jedoch bei weitem nicht nur um die Schlägerei auf dem Perron: Die Anklageschrift listete daneben auch Drogenhandel und -konsum auf, einen Einbruch in ein Gartenhaus inklusive Diebstahl sowie Vergehen gegen das Waffengesetz. Wie sich gestern herausstellte, sind jedoch die beiden letzten Vorfälle, bei denen der Angeklagte noch nicht volljährig war, bereits verjährt.

Verantworten musste sich der im Limmattal wohnhafte Mann jedoch für den Angriff am Dietiker Bahnhof sowie vor allem für die Drogengeschichte. Diese fällt schwer ins Gewicht: So erwarb der vollumfänglich geständige Mann im Juli 2015 von einem Unbekannten 175 Gramm Amphetamingemisch, was aufgrund des Reinheitsgrads von 33 Prozent 58 Gramm reinem Amphetamin gleichkommt. Dieses wollte er später gegen 150 bis 200 Gramm Marihuana eintauschen.

«Ich war früher leider ein Mitläufer und liess mich von Drogen verleiten», antwortete der Angeklagte auf die Frage des Gerichtspräsidenten Stephan Aeschbacher nach dem Warum. Heute schäme er sich dafür. Auch für den Streit auf dem Perron hatte er eine ähnliche Erklärung: «Ich war alkoholisiert und hatte meinen Kopf nicht bei mir», sagte er. Dass es zum Streit gekommen sei, bereue er «mega».

Angeklagter beteuert seine Reue

Auch später beteuerte der Angeklagte wiederholt und teilweise unter Tränen, wie sehr er seine diversen Taten bedaure: «Es tut mir wirklich weh, was ich mir schon alles geleistet habe. Das ist inakzeptabel.» Jedoch habe er sich «um 180 Grad gedreht», sei nun alkohol- und drogenfrei, in psychologischer Behandlung, habe eine Praktikumsstelle und einen Vertrag für eine Lehrstelle nächsten Sommer. Sein früheres Leben habe er satt und er wünsche sich nichts sehnlicher, als endlich ein normales Leben führen zu können, sagte er.

Zumindest in der Vergangenheit gelang ihm dies nicht: Der Mann weist drei Vorstrafen auf und sass bereits einmal ein Jahr lang im Gefängnis. Diesen Sommer wurde er zudem wegen Hausfriedensbruch zu gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Zudem läuft seit August eine weitere Strafuntersuchung wegen einfacher Körperverletzung gegen ihn, zu der sich der Angeklagte aber nicht äussern wollte: «Ich will nicht darüber sprechen, weil es ein grosser Fehler war und mir sehr weh tut», sagte er.

Die Staatsanwältin forderte eine Freiheitsstrafe von 24 Monaten unbedingt. Es habe sich gezeigt, dass der Angeklagte nicht gewillt sei, sich an die Gesetze zu halten und dass ihn auch diverse Vorstrafen nicht von weiteren Taten hätten abhalten lassen, sagte sie.

Die Verteidigerin forderte eine Strafe von 15 Monaten, wovon sieben abzusitzen seien. Ihr Mandant habe sich während des ganzen Verfahrens sehr kooperativ und reuig gezeigt, sagte sie. Zudem habe er nun erstmals eine echte berufliche Chance, die er unbedingt wahrnehmen wolle – weshalb die Rückfallgefahr klein sei.

18 Monate Gefängnis

Das sah das Gericht anders. Aeschbacher verwies bei der Urteilsverkündigung darauf, dass beim Angeklagten zwar «durchaus positive Ansätze» erkennbar seien. Doch könne man ihm, weil er in den vergangenen fünf Jahren mehrmals verurteilt worden sei, keine positive Prognose stellen. Das Gericht verurteilte den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, die er absitzen muss. Abziehen davon kann er lediglich die 25 Tage, die er ab Mitte Januar 2016 in Untersuchungshaft verbrachte.