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Die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) haben kürzlich einen Testbetrieb mit einem selbstfahrenden Bus durchgeführt. Mit dabei war auch der ETH-Forscher Felix Becker.
Felix Becker: Im Vergleich zum heutigen Angebot wäre die Kostenreduktion durch das Einsparen des Chauffeurs erheblich. Dies würde es ermöglichen, das Angebot deutlich auszubauen, insbesondere zu Randzeiten und auf Tangentialverbindungen. Gleichzeitig stellt sich die Frage: Wenn es automatisierte Fahrzeuge in kleineren Grössen gibt – werden die Leute dann noch den Bus verwenden?
Solange automatisierte und konventionelle Fahrzeuge den Strassenraum gemeinsam nutzen, besteht nur wenig Potenzial für eine Erhöhung der Strassenkapazität. Sprich: Wir werden noch mehr Stau in Zürich sehen, wenn wir das unkontrolliert zulassen.
Vollkommen richtig. Wenn wir nichts unternehmen, wird zunächst einmal das autonome Taxi oder der automatisierte Privatwagen attraktiv sein. Es stellt sich aber die Frage, ob das zum Vorteil der Einwohner der Stadt ist...
Genau. Es gibt Studien für andere Städte, die untersuchen, ob der Stau reduziert werden kann, wenn alle Fahrzeuge automatisiert unterwegs und miteinander vernetzt sind.
Sie gehen zum Beispiel auf Autobahnen von einer Vervierfachung der Kapazität aus. Für den städtischen Kontext ist es schwieriger, eine Zahl zu nennen, da dies massgeblich von Anpassungen an der Infrastruktur abhängig ist. Sollten beispielsweise die Ampeln mit den Fahrzeugen kommunizieren, wäre das Fahren in Kolonnen deutlich effizienter. Ausserdem könnten Kreuzungen umgestaltet werden, wenn diese von automatisierten Kolonnen statt von einzelnen Fahrern genutzt werden. Es hängt jedoch vom politischen Willen ab, wie weit man den selbstfahrenden Fahrzeugen entgegenkommt und wie lange dies dauert.
Erste Prognosen dazu wurden im letzten Jahrzehnt unter anderem von Google gemacht. Damals hiess es, dass das selbstfahrende Auto in etwa zum jetzigen Zeitpunkt marktreif sein wird. Die Prognosen wurden immer wieder angepasst. Jetzt geht man von 2022/23 aus, bis die technologischen Fragen geklärt sind. Noch ungeklärt ist die Haftungsfrage. Das heisst, es werden noch ein paar Jahre vergehen, bis automatisierte Autos in den Läden stehen oder wir sie per App bestellen können.
Auch in einer vollautomatisierten Zukunft mit den entsprechenden Kapazitätsvergrösserungen und einer Flotte von Elektrofahrzeugen wird es noch Lärmbelästigungen durch Roll- und Windgeräusche geben. Zudem müssen die Fahrzeuge irgendwo parkiert werden. Der Vorschlag, dass die Fahrzeuge auf eigene Faust die Stadt verlassen und dort parkieren, ist kritisch zu sehen, da es zu erheblichem Mehrverkehr führt. Wir gehen nicht davon aus, dass es im Interesse der Einwohner Zürichs ist, dass wir Massenverkehrsmittel aufgeben und die Leute sich ausschliesslich im Taxi oder Privatwagen fortbewegen. Insofern kommt den VBZ die sehr wichtige Rolle zu, Massenverkehrsmittel automatisiert und vielleicht mit einem erweiterten Serviceangebot oder zu geringeren Preisen anzubieten.
Im vergangenen Februar haben die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) einen zweiwöchigen Testbetrieb mit einem selbstfahrenden Shuttlebus durchgeführt. Er fand auf dem Areal der VBZ-Zentralwerkstatt in Zürich Altstetten statt. Über 500 VBZ-Mitarbeitende sowie externe Partner und Partnerinnen sind mit dem elfplätzigen Shuttle gefahren, wie es in einem Artikel auf vbzonline.ch heisst. Wie lautet das Fazit?
«Wir werden am Thema autonomes Fahren dranbleiben», sagt VBZ-Sprecher Andreas Uhl auf Anfrage. «Die Frage ist nicht ob, sondern wann solche Modelle kommen.» Uhl rechnet damit, dass dies im nächsten Jahrzehnt der Fall sein wird. «Die Disposition via App funktioniert bereits. Aber die Fahrzeugtechnik für autonomes, automatisiertes Fahren hinkt noch hintendrein.» Ausserdem bräuchte es bessere Kommunikationsnetze für den Informationsfluss zwischen autonomen Fahrzeugen und Infrastruktur wie Lichtsignalen, so Uhl weiter; ferner auch permanent aktualisierte Karten inklusive Baustellensituation. Zudem seien noch rechtliche und ethische Fragen zu klären, ehe man Robotern das Fahrzeuglenken überlasse.
Im Austausch mit anderen Verkehrsbetrieben
Das Thema beschäftigt Dienstabteilungen verschiedener Departemente: Die VBZ gehören der städtischen «Smart Mobility Plattform» an, die sie gemeinsam mit der Stadtzürcher Dienstabteilung Verkehr und dem Tiefbauamt Zürich gegründet haben. Und: «Wir bleiben im Austausch mit anderen Verkehrsbetrieben», so Uhl. Autonome Fahrzeuge sind im Testbetrieb auch schon auf öffentlichen Strecken in der Schweiz unterwegs: So verkehrt der Shuttlebus aus dem VBZ-Testbetrieb jetzt für die Verkehrsbetriebe Schaffhausen zwischen Neuhausen und dem Rheinfall. Auch gibt es einen Postauto-Pilotversuch mit einem Shuttlebus in Sion. In beiden Fällen sind Chauffeure an Bord, die bei Bedarf eingreifen können.
Grosse Busse und Trams mit Chauffeur dürften laut Uhl aber noch lange für die VBZ im Einsatz sein. Kleinere Fahrzeuge für vier bis sechs Personen, die autonom auf Anfrage von Tür zu Tür fahren, könnten jedoch dereinst ein Teil des öffentlichen Verkehrsangebots werden, so der VBZ-Sprecher. (mts)