Die Polizei soll besetzte Häuser innert 72 Stunden räumen können, fordern SVP, FDP, CVP und EDU in einem Vorstoss.
Die bürgerlichen Parteien im Kantonsrat fordern eine härtere Gangart mit Hausbesetzern. Sie verlangten gestern mittels einer parlamentarischen Initiative, dass besetzte Liegenschaften innert 72 Stunden geräumt werden können. Allerdings nur dann, wenn die Eigentümerschaft einen Strafantrag wegen Hausfriedensbruch einreicht und der Einsatz verhältnismässig und sicher erfolgen kann.
In den rund 20 besetzten Liegenschaften in der Stadt Zürich gibt es aus Sicht der Stadtregierung kaum Probleme. Eine Ausnahme war die Räumung des Binz-Areals 2013, bei der die Polizei einschritt und hoher Sachschaden entstand. Oder die Besetzung des Koch-Areals, die 2016 für Schlagzeilen sorgte, nachdem sich Anwohner über Krach und Littering beklagt hatten. Mittlerweile ist es ruhiger geworden, weil sich die Besetzerszene mehr oder weniger an die Vorgaben der Stadt und der Eigentümer hält. Die Stadtpolizei schreitet erst ein, wenn der Eigentümer Anzeige einreicht und eine Baubewilligung vorliegt.
Die Forderung nach einem schnelleren Durchgreifen ist nicht neu. 2016 hatte der Kantonsrat, kurz nach den Querelen um das Koch-Areal, eine Motion mit ähnlichem Wortlaut mit 90 zu 42 Stimmen klar verworfen. Damals sollte eine Räumung schon innert 48 Stunden möglich sein. Der FDP war die Frist zu kurz. Die parlamentarische Initiative, die gestern im Kantonsrat behandelt wurde, unterstützt sie dagegen.
«Wer eine Minute zu lang parkiert oder seinen Schuppen als Velounterstand umnutzt, wird gleich bestraft», sagte Mitunterzeichner Marc Bourgeois (FDP, Zürich). «Hausbesetzer können dagegen tun und lassen was sie wollen.» Es sei eine Kapitulation des Staates, wenn er Freche belohne und Anständige bestrafe, sagte er. Und Benedikt Hoffmann (SVP, Zürich) meinte: «Rechtsfreie Räume dürfen nicht geduldet werden.» Besetzte Häuser seien zudem oft Ausgangspunkt von Demonstrationen. Für deren Kosten müssten dann die Steuerzahler aufkommen.
Mitgetragen wird die parlamentarische Initiative von der CVP und EDU. Ohne die 72-Stunden-Regelung wäre auch die EVP dafür. Markus Schaaf (EVP, Zell) sagte: «Wir wollen eine gesetzliche Grundlage für Räumungen. Aber wir schreiben der Polizei ja auch nicht vor, mit wie vielen Mitteln und Personal sie ausrücken soll. Mit zeitlichen Vorgaben gefährden wir Sicherheit und Gesundheit der Einsatzkräfte.» Diese wäre ein Eingriff in das taktische Vorgehen nach dem 3D-Prinzip Dialog, Deeskalation und Durchsetzen.
Räumungen und Bewachungen von leerstehenden Liegenschaften würden unnötig Kosten verursachen, kritisierten die linken Parteien. Die Stadt habe massgeschneiderte Lösungen für Hausbesetzungen, die meist von Anwohnern, Eigentümern und Besetzern mitgetragen würden. Es gebe keinen Grund, dass sich der Kanton in die bewährte Praxis der Stadt einmische. «In der Stadt stehen den Bürgerlichen weder die Bevölkerung noch der Gemeinderat zur Seite, deshalb wollen sie die Forderung nun im Kantonsrat durchdrücken», sagte Raphael Steiner (SP, Zürich). Es sei doch nicht verhältnismässig, leerstehende Häuser zu räumen, damit sie der Eigentümer nachher wieder über Jahre leer stehen lasse. In der an Wohnungsmangel leidenden Stadt hätten Hausbesetzungen ihre Berechtigung. Sie würden Um- und Zwischennutzungen beschleunigen. Für Laura Huonker (AL, Zürich) sind sie zudem «ein Hotspot für Innovation und kulturelle Übergangslösungen».
Dank der 84 Ja-Stimmen aus dem bürgerlichen Lager (60 waren nötig) wird die parlamentarische Initiative nun an die zuständige Kommission überwiesen. Sie muss zuhanden des Kantonsrats einen entsprechenden Antrag ausarbeiten. Die Chancen für eine Umsetzung stehen nach den letzten Wahlen aber schlecht. Spannend könnte es werden, wenn die EVP ihre Meinung noch ändern sollte.