Neuerscheinung
Daniela Dills Texte voller Pointen, Pannen und Ironie

Die Baslerin Daniela Dill war jahrelang auf den Poetry-Slam-Bühnen zu Hause. Nun erscheint mit «Durzueständ» ein Buch mit ihren Texten.

Iris Meyer
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Daniela Dill veröffentlicht ein Buch.

Daniela Dill veröffentlicht ein Buch.

bz

«Der Anfang», hatte schon Aristoteles gesagt, «ist die Hälfte des Ganzen.» Vermutlich hat er dabei nicht an die Spoken-­Word-Künstlerin Daniela Dill gedacht, die erst 2367 Jahre nach ihm geboren werden sollte. Und doch zeigen ihre Kurztexte, wie wichtig so ein erster Satz sein kann.

«Es isch mucksmüüslistill gsi in der Chille» steht da zum Beispiel. Oder «Was macht mä, wenn d’Gescht nümm wän go?» Man ist sofort drin in ihren Texten, will wissen, was auf die Stille in dieser Kirche folgt, und wie man späte Gäste endlich loswerden kann.

Ihre Erzählungen wird man so schnell nicht wieder los. Nach dem Lesen von «S’Söili vo Olte» zum Beispiel, wird man im Zug nicht mehr an Olten vorbeifahren, ohne nach einem Tonschweinchen Ausschau zu halten. «Johrelang isch ufem Fänschtersims vome Huus churz vor Olte, grad noch der Aarebrugg linggs, es Söili us Toon gstande.(...) Syt denn isch das Söili en Art e guete, unbekannte Fründ gis, wo d’Stellig bewahrt het.»

Auch ihre menschlichen Protagonisten kommen einem schnell vor wie alte Freunde. Verblüffend, wie schnell man das Gefühl hat, sie zu kennen: den Studer Andi etwa, der endlich einmal verliebt ist, oder Maja, die nach einem Crashkurs im Haarschneiden einer 95-­Jährigen Frau die Frisur ihrer Jugend hinzaubern sollte. Die schnelle Nähe, die Dill herstellt, liegt an ihrer Beobachtungsgabe und ihrer Aufmerksamkeit darauf, wie die Menschen sprechen. Sie lauscht genau hin.

«‹Näi›, hetter gsäit, ‹öis gots guet.› I ha gar nüt gsäit gha. Und infroog gstellt hani au nüt. Und as hättis trotzdem gmacht, hetter widerholt: ‹Näi, öis gots aso würklich sehr guet.›»

Sprachbewusst zum pointenreichen Schluss

Ein besonderes Interesse gilt dem Thema Ritual. Von der Hochzeit über die Weihnachtsfeier bis zur Beerdigung: Sie holt uns in wohl bekannten Situationen ab, um uns ebenso sprach- wie situationsbewusst zu dem zu führen, was sie ebenso beherrscht wie den Anfang: Den pointenreichen Schluss. Dabei arbeitet sie mit der Übertreibung, dem Absurden und einer zärtlichen Ironie. Auch wenn ihren Figuren witzige Pannen passieren, sie liefert sie nie aus.

Vellicht glaube d Lüt, dass si öppis läischte, wenn si sich öppis läischte.

(Quelle: Peter, Protagonist in einer Kurzgeschichte von Daniela Dill)

«Durzueständ» heisst der Sammelband und meint damit nicht den Dauerzustand - dazu sind die Texte zu kurz - sondern den Dur-Zustand, im Gegensatz zum Moll-Zustand. Dills Ton ist heiter, auch wenn er gesellschaftskritisch ist: «Au en interessante Triib, dä Konsumtriib. Vellicht glaube d Lüt, dass si öppis läischte, wenn si sich öppis läischte», sinniert der Protagonist Peter in einem Text über Ameisen.

Besonders heiter ist der Ton dann, wenn es ernst wird. Kein Text hat die Frage «Wie beschönigend dürfen Nekrologe sein?» wohl je so hellsichtig humorvoll behandelt wie der «Der verliebt Pfarrer».

Gewidmet hat Dill das Buch «dem verstorbenen Freund und Baselbieter (Mundart-) Autor Markus Ramseier». Er habe sie zum Mundartschreiben motiviert. Zum Glück, kann man da nur sagen. Auch die wenigen hochdeutschen Texte, die der Band enthält, lesen sich mit Vergnügen. Die Dillsche Mischung aus Situationskomik, Sprachreflexion und zärtlicher Ironie kommt aber besonders in den Mundarttexten zur Geltung.

Daniela Dill: «Durzueständ».
Der gesunde Menschen­versand. 161 S.