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Der 50-jährige Andreas Von Gunten gehört seit Januar 2018 dem Kölliker Gemeinderat an und ist neuerdings Vizeammann. Als Unternehmer, Politiker und ewig Lernender ist er voller Energie.
Der Internet-Unternehmer sagt von sich, er sei ein «links-libertärer Humanist». Andreas Von Gunten hat viele Hüte auf. So gehört er seit dem Januar 2018 dem Kölliker Gemeinderat an und ist neuerdings Vizeammann. Er ist zudem Mitglied der Geschäftsleitung der SP Aargau. Von Gunten war Gast im ZT-Talk des Zofinger Tagblatts. Er sprach unter anderem ...
«Im Gemeinderat ist die Überzeugung da, dass die Digitalisierung eine grosse Chance ist», sagt Von Gunten. Man könne sich vorstellen, dass es in Zukunft viel mehr Coworking Spaces gebe, damit die Leute weniger pendeln müssten. «Am besten ein Coworking Space, in dem gleich eine Kita untergebracht ist. Statt nach Zürich gehen die Eltern zum Coworking Space, geben das Kind ab und arbeiten mit Leuten von anderen Unternehmen an einem Ort.» Das könne bedeuten, das Dorfleben wieder zu beleben. «Wir sind daran, für die Gemeinde Kölliken eine Digitalisierungsstrategie zu erarbeiten. Was bedeutet die Entwicklung für ein Dorf unserer Grösse? Wo müssen wir Fördermassnahmen ergreifen?» So wie früher der Autobahnanschluss der wichtigste Punkt gewesen sei, sei heute vielleicht die Digitalisierung das wichtigste Kriterium für die Entwicklung.
«Ich bin am Vorbereiten einer Plattform für Kölliken, sie wird ‹Kölliken Online› heissen.» Es soll eine Plattform für die Menschen von Kölliken sein. Er treffe immer wieder unglaublich spannende Menschen an. «Wir müssen einen Ort schaffen, wo sich die lokale Community auch im Digitalen trifft», sagt Von Gunten. Das physische Pendant zur digitalen Plattform sei der Delibri.Space, sein Laden für Kultur, Technologie und Gemeinschaft in Kölliken.
«Ich bin ein unternehmerischer Mensch, der weiss, dass er in einer Gesellschaft lebt und deshalb auch politisch tätig ist», sagt Von Gunten. «Ich bin jemand, der mit dem Internet aufgewachsen ist. Ich habe dieser technologischen Entwicklung sehr viel zu verdanken. Deshalb helfe ich immer wieder mit, dass wir alle von dieser technologischen Entwicklung profitieren können.»
Andreas Von Gunten hat eine Lehre als Radio-TV-Elektriker absolviert und später die Matura auf dem zweiten Bildungsweg nachgeholt. Er studierte Philosophie und absolviert an der Universität Zürich zurzeit ein Nachdiplomstudium in Applied History. Er ist Gründer und Inhaber der Von Gunten & Co. AG, die eine Reihe von Internet-basierten Diensten anbietet.
«Eine ganz schwierige Angelegenheit», sagt Von Gunten. «Wir stehen an einem schwierigen Punkt.» Er betrachte all diese Entwicklungen als Lernprozesse. «Ich will nicht verniedlichen, was passiert, im Gegenteil: Ich bin ein überzeugtes Mitglied von Netzcourage, einem Verein, der Leuten hilft, die Opfer von Hate Speech geworden sind. Der Verein leistet grossartige Arbeit.» Aber: Man müsse auch vorsichtig sein und nicht zu viel an die Plattformen delegieren. Zu entscheiden, was strafbar sei und was nicht, sei eine staatliche Aufgabe. «Das darf nicht plötzlich ein Mitarbeiter von Facebook aus Indien machen, der keine Ahnung von unserer Situation hat und einfach entscheidet, was richtig ist und was nicht.» Das Problem an Algorithmen zu delegieren, gehe auch nicht. Eine Lösung sehe er im Moment nicht. «Ich bin aber überzeugt, dass wir eine finden. Wichtig ist: Das Netz ist noch jung. Wir müssen optimistisch bleiben, dass wir die Dinge so lenken können, wie wir es als Gesellschaft wollen.» Man dürfe aber nichts überstürzen und immer «das Böse suchen, das es vielleicht gar nicht ist».
Er glaube an die Würde des einzelnen Menschen und gleichzeitig daran, dass dieser sich in sehr unterschiedliche Richtungen entwickeln könne – falls dem Menschen genug Raum gegeben werde, dies zu tun. Er sei sehr herrschaftskritisch, das sei das libertäre Moment: «Ich bin überzeugt, dass Autonomie und möglichst viel Möglichkeiten für den Einzelnen, sich entfalten zu können, wichtig sind.» Der linke Aspekt spiele aber auch eine Rolle: Man müsse die Möglichkeiten haben, sich frei zu entwickeln: «Man muss allen die Möglichkeiten geben, dass sie ihre Potenziale entfalten können.» Es sei reiner Zufall, mit welchen Ressourcen man ausgestattet werde. «Weil es ein Zufall ist, muss man umverteilen.»