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Kanton Aargau
Letzte Woche machte die Finanzkommission bekannt, dass das traditionelle Wettiger Fäscht seit mehreren Jahren mehrwertsteuerpflichtig wäre – nun droht eine fünfstellige Nachsteuer.
1970 wurde es ins Leben gerufen, um das Zusammenhörigkeitsgefühl in der stark expandierenden Gemeinde zu fördern. Heute erfüllt es diese Aufgabe zwar immer noch, doch längst locken die Festbeizen, Bars, Essensständen, der Lunapark und das Open Air Besucher aus der weiten Region ins Zentrum nach Wettingen. Die Rede ist vom Wettiger Fäscht. Die diesjährige Ausgabe findet vom 6. bis 8. Juli statt.
Finanziert wird der traditionelle Anlass über eine Umsatzgabe in Höhe von 18 Prozent durch die am Fest beteiligten Vereine, das Open Air über einen Gemeindebeitrag und Sponsoren. Wie die Finanzkommission nun letzte Woche im Rahmen des Votums zur Rechnung 2017 an der Einwohnerratssitzung bekannt gemacht hat, wäre das Wettiger Fäscht seit mehreren Jahren mehrwertsteuerpflichtig.
«Das hat die Vertiefungsprüfung ‹Mehrwertsteuer› durch die externe Revisionsstelle BDO gezeigt, welche die Fiko in Auftrag gegeben hat», sagt Fiko-Präsident François Chapuis (CVP). Diese Situation sei nicht haltbar und müsse korrigiert werden. Dabei sei davon auszugehen, dass die Mehrwertsteuer-Thematik mittels Selbstanzeige rückwirkend auf die vergangenen fünf Jahre bereinigt werden müsse.
In der Schweiz ist gemäss Mehrwertsteuergesetz steuerpflichtig, wer einen Jahresumsatz von mindestens 100 000 Franken respektive 150 000 Franken erwirtschaftet. «Keiner der Vereine erzielte je diesen Umsatz», sagt Urs Blickenstorfer, Mitglied der Wettiger-Fäscht-Kommission.
Sondern es sei die Gesamtsumme der Umsätze aller Beteiligten. «Diesen Umstand haben wir in Vergangenheit schlicht nicht im Blick gehabt», sagt Blickenstorfer. Hat die Kommission es willentlich unterlassen, sich bei der eidgenössischen Steuerverwaltung als mehrwertsteuerpflichtig zu registrieren?
«Nein», stellt Gemeinderat und Finanzvorsteher Markus Maibach (SP) klar. Das Wettiger Fäscht verfüge mit der Wettiger-Fäscht-Kommission über eine spezielle Organisationsstruktur. Der Kommission gehören Vertreter der Gemeinde, der Vereine sowie des Open Airs an. «Diese Konstellation verschiedener Organisationspartnern führt dazu, dass es in der Gemeinderechnung keine eigene umfassende Kostenposition fürs Wettiger Fäscht gibt.»
Beispielsweise würden Leistungen des Werkhofs nicht direkt dem Wettiger Fäscht verrechnet. «Dadurch leidet die finanzielle Transparenz», sagt Maibach. Muss sich die Gemeinde also doch an der eigenen Nase nehmen? «Steuerrechtlich handelt es sich um einen Fehler, der aber keine schwerwiegenden Konsequenzen mit sich bringt», sagt Maibach.
Zudem sei die Gemeinde nicht vom Bund gemahnt, sondern von der eigenen Revisionsstelle auf den Umstand aufmerksam gemacht worden. Maibach gibt aber zu: «Es besteht klar Handlungsbedarf.»
Die Mehrwertsteuernummer wurde inzwischen beantragt. Maibach geht davon aus, dass die Mehrwertsteuer-Thematik mit einem fünfstelligen Beitrag rückwirkend auf die vergangenen fünf Jahre bereinigt werden könne. «Wir sind froh, dass der Umstand ans Licht gekommen ist. Das gibt uns die Gelegenheit, die Problematik zu bereinigen und die Organisationsstruktur des Wettiger Fäscht zu optimieren», sagt Maibach und fügt an: «Damit werden die Finanzströme transparenter.»
Am eingespielten Team, das von der Gemeindeverwaltung unterstützt wird, soll sich nichts ändern. «Wir können uns vorstellen, dass das Wettiger Fäscht künftig – ähnlich der Organisation der Badenfahrt – von einem Verein organisiert wird statt wie heute von einem OK», sagt Maibach.
Für das bevorstehende 46. Wettiger Fäscht wird die Organisationsstruktur beibehalten. Ziel ist, dass die verbesserte Organisationsstruktur bei der Wettiger-Fäscht-Ausgabe im Jahr 2019 zum Tragen kommt.