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Der Zofinger Stadtammann übernimmt das Amt früher als geplant. Grund dafür ist die Neuausrichtung von Berufs- und Weiterbildung Zofingen.
Die Berufs- und Weiterbildung Zofingen (BWZ) hat ein bewegtes letztes Jahr hinter sich – und sie steht vor weiteren markanten Veränderungen. Regelrecht durchgeschüttelt hat die Berufsschule ein einschneidender Entscheid des Aargauer Regierungsrates, der die Berufsschullandschaft umkrempelt.
Die Reform bringt ab dem Schuljahr 2020/2021 zwar neue Berufsfelder nach Zofingen; das KV muss die BWZ aber an Aarau abtreten. Immerhin: Eine KV-Ausbildung wird in der Region dennoch möglich sein. Künftig will die Berner Privatschule Feusi im Bildungszentrum Zofingen (BZZ) eine kaufmännische Handelsschule anbieten.
Parallel dazu laufen die Arbeiten für die geplante Verselbstständigung der Weiterbildungssparte der BWZ. «All diese Neuerungen verlangen nach einer raschen Überarbeitung der BWZ-Strategie», teilt der Stadtrat Zofingen dazu mit; dieser ist als Exekutive der Standortgemeinde verantwortlich für die Berufsschule.
Die strategische Neuausrichtung soll nun ein neuer Präsident des BWZ-Schulvorstandes anpacken. Der bisherige Präsident Hans-Rudolf Suter ist auf eigenen Wunsch per Ende 2019 zurückgetreten und hat das Amt an Stadtammann Hans-Ruedi Hottiger übergeben.
Eineinhalb Jahre vor dem ursprünglichen Zeitplan. Warum gerade zu diesem Zeitpunkt, warum gerade Hottiger? «Dass ich das Präsidium übernehme, war schon seit längerem geplant», sagt der Stadtammann im Gespräch.
Ursprünglich sahen die Pläne des Stadtrates vor, Hottiger erst zum Ende der Amtsperiode des Berufsschulvorstandes als BWZ-Präsidenten zu installieren. Diese dauert bis zum 31. Juli 2021, und Hottiger hat angekündigt, dass er auf Ende 2021 als Stadtammann zurücktreten wird.
Die Berufs- und Weiterbildung Zofingen (BWZ) gilt als eine bedeutende Bildungsstätte im Kanton Aargau mit nationaler Ausstrahlung. Sie ist unterteilt in die Bereiche Berufsfachschule und Weiterbildung. Die Berufsfachschule umfasst über 20 verschiedene Berufsfelder. Diese gliedern sich in die Grundbildung und die Berufsmaturität – mit rund 90 Klassen.
Nun hat das neue Standortkonzept des Regierungsrates diesem Fahrplan einen Strich durch die Rechnung gemacht. «Die wichtigen Strategiefragen müssen wir jetzt angehen», sagt Hottiger. «Wir können nicht warten bis 2021.»
Um die Übergabe zu erleichtern und Hottiger zu entlasten, bleibt der 77-jährige Hans-Rudolf Suter noch eine Weile an Bord. Er übernimmt interimistisch das Vizepräsidium, damit seine Erfahrungen in den Strategieprozess einfliessen können. Um diese Nachfolgelösung zu ermöglichen, hat der Stadtrat die Zahl der Schulvorstandsmitglieder von neun auf zehn aufgestockt.
Diese Lösung soll längstens bis zum 31. Juli 2021 gelten. Übrigens: Suter und Hottiger haben bereits zwischen 2006 und 2013 im BWZ-Vorstand zusammengearbeitet. Die Rollen waren damals allerdings umgekehrt: Suter war Präsident, Hottiger Vize.
In den nächsten Wochen wollen die beiden zusammen mit dem Schulvorstand intensiv über die strategische Neuausrichtung nachdenken. «Wir haben uns in den letzten Jahren gut positioniert», sagt Suter, und die Schule habe ihre Hausaufgaben gemacht: «Bei den Methoden – ich denke an die Digitalisierung und den zweisprachigen Unterricht – sind wir vorne dabei. Viel Stoff wird nicht mehr über Wandtafeln oder Bücher vermittelt, sondern über digitale Geräte.»
Nur habe die Schule dies nie an die grosse Glocke gehängt. «Das war vielleicht auch ein Fehler. Wir waren vielleicht zu defensiv und haben uns zu wenig gut verkauft.» Weil man bei den Unterrichtsmethoden ganze vorne mithalten könne, sei der Verlust des KV natürlich besonders schmerzhaft, so Suter.
Die klare und offensive Positionierung gegen aussen sieht Hottiger denn auch als einen der wesentlichen Aspekte der neuen Strategie. Zofingen stecke in einer Situation, aus der man das Beste herausholen müsse: «Aus nationaler Sicht liegen wir im Zentrum – aus Kantonssicht jedoch an der Peripherie.» Die Folge: «Baden und Aarau haben bei der Verteilung der Berufsfelder bessere Karten.»
Einerseits müsse die BWZ die neuen Berufsfelder optimal einbinden und nach aussen offensiver auftreten, andererseits auch gegenüber dem Kanton die notwendige Unterstützung einfordern. Weil die BWZ seltene Lehrgänge anbietet – beispielsweise Orthopädieschuhmacher oder Bootsbauer – muss sie kleinere Klassen führen als eine Berufsschule, die sich auf die KV-Ausbildung konzentrieren kann. Entsprechend höher sind die Kosten.
Die zweite Aufgabe, die Hottiger und Suter angehen müssen, ist die geplante Herauslösung der Weiterbildungssparte in eine Aktiengesellschaft. Alleinige Aktionärin soll die Stadt sein. Im Juni, wenn der Einwohnerrat entscheiden soll, muss ein fertiger Plan auf dem Tisch liegen.
Ziel ist, in der Weiterbildung schneller und flexibler agieren zu können, beispielsweise beim Aufgleisen von Kooperationen. Falls der Einwohnerrat den Plänen zustimmt, soll es Schlag auf Schlag gehen: Bereits letzten November hatte die Stadt angekündigt, dass in diesem Fall die neue AG schon im August 2020 operativ werden soll.