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Kanton Aargau
Rotwangenschildkröten sind erst herzig klein, doch sie werden tellergross und bis zu 85 Jahre alt. Immer mehr Besitzer setzen die exotischen Tiere aus. In Weihern entstehen wilde Populationen der Tiere, die Froschlaich oder kleine Fische fressen.
Ein ganzes Rudel Schildkröten klettert an schönen Tagen auf das Schwanennest im Schönenwerder Ballypark und sonnt sich dort. Es sind Rotwangenschmuckschildkröten aus Nordamerika. Letztes Jahr wurden im Park zwei Exemplare gesichtet, jetzt sind es mindestens sieben.
Da es keine Jungen sind, gibt es nur eine Erklärung: Noch mehr Leute sind ihrer exotischen Schildkröte überdrüssig geworden und haben sie ausgesetzt. Das ist ein Problem, denn die Tiere fressen Froschlaich, Lurche und kleine Fische.
Und es ist ein Problem in ganz Europa: Laut der Schildkröteninteressensgemeinschaft Schweiz (SIGS) werden jährlich über 100 000 Rotwangenschmuckschildkröten aus Nordamerika importiert. Frisch geschlüpft sind die Tiere bloss zwei Zentimeter gross und im Ausland für wenig Geld zu kaufen. Doch dann wachsen sie auf Tellergrösse an und leben bis zu 85 Jahre.
Ausgesetzt auf der Toilette
Das hat offenbar auch ein Besitzer in Wohlen nicht bedacht. Er hat seine Rotwangenschmuckschildkröte Ende März im Lavabo auf der Migros-Toilette deponiert. In Lenzburg fischte ein Jugendlicher am selben Tag zwei Exemplare aus dem Fünfweiher. Und zwei Tage davor entdeckte eine Frau zwei dieser Schildkröten im Weiher in Oberhof im Fricktal.
All diese Tiere landeten bei Ruth Huber. Sie ist Präsidentin der IG Schildkrötenfreunde Aargau und wohnt in Hallwil. Wie alle Schildkrötenauffangstationen hat sie schon mehr als genug.
Die SIGS schreibt auf ihrer Internetseite: «Haben Sie gewusst, dass die Auffangstationen vor allem wegen leichtsinnig erworbener Rotwangenschmuckschildkröten errichtet werden mussten?»
Die eingeschleppte Art war gerade an der letzten Vereinssitzung wieder ein Thema. «Wir wissen nicht mehr was tun», sagt Ruth Huber.
Seit sechs Jahren verboten
2008 wurde die Haltung in der Schweiz untersagt, weil immer mehr wilde Populationen entstanden. Doch gerade dies führte vermutlich zu noch mehr Aussetzungen. Auch Huber sagt, sie bewege sich eigentlich in einem Graubereich, wenn sie die illegalen Tiere bei sich aufnehme.
Unternommen wird meist nichts. «Eigentlich müsste man sie wegnehmen», sagt der Schönenwerder Gemeindepräsident Peter Hodel, «aber sie haben nicht oberste Priorität.»
Auch die Rotwangenschmuckschildkröten im Fünfweiher bleiben vorerst. Ferdinand Bürgi, Leiter der Repol Lenzburg, sagt zwar: «Wir lassen sie sicher nicht dort.» Fangen könne man sie aber nur, wenn sie sich gerade sonnten. Dafür seien sie auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen (062 886 45 55).
Wenn das nicht zum Ziel führt, wollen die Polizei und der Fischereiverein auf den Vorschlag von Ruth Huber zurückgreifen. Sie riet, Reusen aufzustellen.
Doch sie sagt: «Ich befürchte, die Sache verläuft im Sand.» Dabei werden bei ihr zuhause in Hallwil die Platzverhältnisse immer prekärer: Über 40 Tiere wurden seit Anfang Jahr schon bei ihr abgegeben.