Bedrohung
Cyberangriffe und Radikalisierung: Das sagt der Nachrichtendienst zu den Hauptgefahren der Schweiz

Der Vizedirektor des Nachrichtendienstes war zu Besuch beim Business Club Mittelland. Thomas Schöttli sprach über Gefahren und die Sicherheitslage in der Schweiz.

Noemi Lea Landolt
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Thomas Schöttli referierte über die Hauptgefahren der Schweiz – die Lage sei komplex, aber nicht chaotisch.

Thomas Schöttli referierte über die Hauptgefahren der Schweiz – die Lage sei komplex, aber nicht chaotisch.

«Jetzt fühle ich mich ein bisschen unsicher», sagt André Steiner, Geschäftsführer der Emil Frey AG, nach dem Vortrag von Thomas Schöttli. Kein Wunder.

Der Vizedirektor des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) hatte zuvor an der Veranstaltung des Business Clubs Mittelland im Landhotel Hirschen in Erlinsbach eine gute halbe Stunde referiert, was die Hauptgefahren für die Schweiz sind. Er sprach von Cyberangriffen aus Russland, China, den USA und Nordkorea. Vom «IS» und von dschihadistischem Terror.

Der Nachrichtendienst beobachte in der Schweiz rund 550 Internetnutzer, die ein auffälliges Verhalten zeigen, weil sie etwa Enthauptungsvideos liken oder zum Dschihad aufrufen. Weiter habe der NDB in der Schweiz 100 Risikopersonen auf dem Radar, von denen eine erhöhte Bedrohung ausgehe.

Zudem verzeichne er etwa 93 Dschihad-Reisende. Etliche von ihnen seien inzwischen gestorben. Bei den übrigen rechne der NDB damit, dass einige von ihnen versuchen könnten, zurück in die Schweiz zu reisen, jetzt da der «IS» bröckelt.

KMU besser schützen

Die Lage sei komplex, sagt Thomas Schöttli. Er spricht bewusst nicht von «Chaos», da dieser Begriff suggerieren würde, dass der NDB nichts machen könnte. Das sei aber nicht so, weshalb er von einer Komplexität spreche, die reduziert werden müsse.

Die Behörden in der Schweiz seien gut aufgestellt. Es brauche aber einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz, wenn es etwa darum gehe, Radikalisierung zu erkennen. Wer bei einer Person Veränderungen bemerke, melde sich am besten bei der Kantonspolizei, diese wisse wie reagieren und könne den kantonalen Nachrichtendienst informieren.

Für Unternehmen dürften vorwiegend Cyberattacken ein Thema sein. Schöttli geht davon aus, dass in Europa jeden Tag 4000 Cyberangriffe passieren. Zwar seien grosse Unternehmen in der Regel sehr sicher und arbeiteten eng mit dem Bund zusammen. Bei KMU sei es schwieriger. «Sie müssen sich vorläufig bei der Kantonspolizei melden», sagt Schöttli.

In Zukunft wolle der Bund seinen Fokus aber erweitern und nicht nur auf grosse Unternehmen mit kritischer Infrastruktur fokussieren, sondern zunehmend enger mit KMU zusammenarbeiten. «Das ist ein grosser Schritt vorwärts», sagt Schöttli. Damit dürfte er die zahlreichen anwesenden Unternehmer etwas beruhigt haben.