Während der Hip-Hoper Kool Savas im Hintergrund rappt, treffen sich die Einheimischen an der «Handballer-Bar», wie die Wohler Festwirtschaft am Open Air genannt wird. Dort erinnert man sich gerne an die Festivals aus früheren Jahren zurück.
Es ist hektisch. Der deutsche Hip-Hop-Überflieger Kool Savas rappt bereits seinen zweiten Song und die Festivalbesucher strömen zu Hunderten durch die Eingangskontrolle auf das Konzertgelände. Dass sich gleich daneben noch eine Festwirtschaft befindet, fällt wohl nur den wenigsten von ihnen auf. Und das, obwohl es die letzte lokale Verankerung ist, welche am kommerziellen Musikfestival noch zu finden ist. Gemeinsam mit dem Handballclub Wohlen führt das Restaurant «Frohe Aussicht» unter der Leitung von Viktor Gürber nämlich auch dieses Jahr wieder eine Festwirtschaft am «Touch The Air».
So schlecht war das Wetter am Wohler Festival noch nie. Wie erlebst du das «Touch dä Matsch»?
Viktor Gürber gilt zusammen mit seinem Bruder Stephan als Begründer der Wohler Open Air Kultur. Vor rund zwanzig Jahren haben die beiden Freiämter mit viel Eigeninitiative den Grundstein für eine generationenübergreifende Festivalgeschichte gelegt. «Eine Infrastruktur, wie wir sie hier zwischen Wohlen und Waltenschwil haben, ist in der Schweiz absolut einzigartig», erklärt Stephan Gürber. Mit der eigenen Bahnhaltestelle, der Einbettung in den Wohler Wald und den bereits vorhandenen Waldhütten bietet der Standort optimale Voraussetzungen. Daraus entstanden während den vergangenen Jahrzehnten unter anderem die «Western Night Wohlen» und die «Soundarena».
Nur wenig Freiämter Beteiligung
Dass man mit dem «Touch The Air» diese Infrastruktur 2011 einem externen Veranstalter aus Zürich zur Verfügung stellte, sei vor allem auf wirtschaftliche Gründe zurückzuführen, erklärt Stephan Gürber. Durch diese organisatorische Umstellung veränderte sich auch die Erscheinung des Festivals markant. Die Besucherzahlen vervielfachten sich, das Durchschnittsalter sank stark ab:«Unterdessen ist es ein Festival für die Jungen, und das ist auch in Ordnung. Nur so kann das Ganze noch rentieren», sagt Stephan Gürber. Am «Touch The Air» sind er und sein Bruder Viktor nicht mehr als Organisatoren, sondern lediglich als helfende Hände beteiligt.
In der «Handballer-Bar», wie die Wohler Festwirtschaft am Open Air genannt wird, ist das Durchschnittsalter geschätzte 20 Jahre höher als auf dem Rest des Festivalgeländes. Während in der Menschenmasse vor der Hauptbühne und auf dem Zeltplatz Anonymität regiert, kennen sich die meisten Festivalbesucher hier noch persönlich. Zwischen internationalen Musikstars und nationalen Musikfans treffen sich hier die regionalen Helfer. An die Festivals aus früheren Jahren erinnert man sich gerne zurück. Damals seien noch praktisch alle Wohler Vereine in das Open Air Geschehen involviert gewesen, erzählen sie. Am vergangenen Wochenende war neben der ibw Wohlen, welche die gesamte Elektrik regelte, aus der Region nur noch der Seilziehclub Waltenschwil am Festival beteiligt. Die kräftigen Männer helfen beim Abbau der Zelte.
Im Kampf gegen den Schlamm
Obwohl Viktor und Stephan Gürber am «Touch The Air» nicht mehr hauptverantwortlich sind, kämpfen sie dennoch auch dieses Jahr wieder an vorderster Front. Nicht nur gegen Hunger und Durst in der «Handballer-Bar», sondern auch gegen Schlamm und Matsch auf dem Konzertgelände. Nachdem kräftige Regenschauer bereits am Donnerstagabend das Konzertgelände in einen Dreckacker verwandelt hatten, versuchten sie am Freitagnachmittag mit einem Bagger, den Matsch wieder zur Seite zu schaffen. Aus Tischplatten wurden provisorische Wege, am Samstag verteilte man schliesslich Stroh als Bodenmaterial auf dem gesamten Gelände. Diese Bemühungen haben gefruchtet. Das «Touch The Air» wurde einmal mehr zum unvergesslichen Festival –sowohl für die auswertige als auch für die lokale Bevölkerung.