Morgens um acht Uhr trafen sich die Mitglieder der Jagdgesellschaft Wessenberg im Villiger Wald. Ihr Jagd-Ziel: Gämsen. Die Jagdgesellschaft Wessenberg war auf Gämsenjagd – in Villigen.
Mit sicheren Schritten stapft Werner Kalt durch den Wald. Vor einer Pfütze bleibt er stehen und dreht sich um: «Seht ihr das? Das ist eine sogenannte Suhle – ein Schweinebad. Die Schlammspuren sind frisch und der Geruch der Wildschweine liegt noch in der Luft, sie können nicht weit sein.» Doch heute stehen die Wildschweine nicht zuoberst auf der Abschlussliste. Daher marschiert der erfahrene Jäger weiter den Hügel hinauf.
Über 160 Gämsen allein in Villigen
Als das Horn geblasen wurde, versammelten sich die Jäger im Kreis: Werner Kalt gab Instruktionen und legte nochmals die Fakten offen. «Im Frühling haben wir in unserem Wald mehr als 160 Gämsen gezählt. Davon sind 30 Tiere zum Abschuss freigegeben.» Danach teilte Kalt die dreizehn Jäger in kleine Gruppen ein. Für heute sei eine Bewegungsjagd angesagt, sagt er. Dabei werden zwei der Jäger als Durchläufer eingesetzt – sie laufen durch den Wald und treiben die Gämsen in Richtung der wartenden Jäger.
Nicht jede Gams wird abgeschossen
Kalt, der als Durchläufer unterwegs ist, hat die Hügelspitze erreicht. Auf einmal tauchen zwischen den Ästen die Umrisse mehrerer Gämsen auf. «Wir müssen leise weitergehen», flüstert Kalt. «Von hier habe ich kein gutes Schussfeld. Die Kugel würde an den Ästen abprallen.» Mit leisen Schritten geht es also weiter. «Das ist das dritte Jahr, in dem Gämsen gejagt werden. Von den dreissig Tieren, die zum Abschuss freigegeben sind, haben wir bisher zehn erlegt – das ist eher wenig», sagt Kalt, während er versucht, die Gamsen den Hügel hinunter zu treiben – ohne Erfolg: Die Gämsen verlassen zwar den Hügel, jedoch in Richtung Kiesabbau, wo Jagdverbot herrscht. «Dann suchen wir eben weiter», sagt er.
Obwohl jene fünf Tiere beim Felshügel entkamen, konnten am Ende des Tages, nach zweimal eineinhalb Stunden Jagd, vier erlegte Gämsen und ein erlegter Fuchs gezählt werden. Den Tieren wurde als letzte Ehre ein Tannenzweiglein in den Mund gesteckt. «Das ist sozusagen der letzte Biss», sagt Werner Kalt. Nach der Ehrung der Tiere wurden die Jäger geehrt: Auf jedes der Tiere wurde ein weiteres Tannenzweiglein gelegt, welches dem Jäger mit einem «Waidmanns Heil!» – unter den Jägern als Gratulation bekannt – überreicht wurde.
1954 wurden auf dem Geissberg bei Villigen 20 Gämsen ausgewildert. Nun hat die Population stark zugenommen und hinterlässt grosse Verbissschäden, weshalb die Anzahl an Gämsen wieder dezimiert werden muss.