Ein Brief aus dem Jahre 1865 wird zur philatelistischen Rarität. Viel Geld wurde dafür in Holderbank an einer Auktion geboten. 2600 Franken legte ein Sammler am Wochenende dafür hin.
6. Dezember 1865: Eine Person, wir wissen nicht, woher sie kommt, begibt sich zur Postablage Holderbank. Dort gibt sie einen versiegelten Faltbrief auf. Der Empfänger: Herrn Johannes Gruber, Wiedikon bei Zürich. Der Pöstler nimmt den Brief in Empfang, stempelt die Zehnermarke quer mit Holderbank ab und geht damit zur offiziellen Poststelle Wildegg. Von dort wird der Brief mit anderen Dokumenten nach Zürich befördert.
Zum Empfänger gelangt er aber nie, weil mehrere Johannes Gruber in Wiedikon existieren. So trudelt der Brief eines Tages wieder in Holderbank ein, mit dem Vermerk in hübsch geschwungener Schrift: «Welcher von mehreren.»
Pöstler stempelte mit roter Farbe
6. Februar 2012: Den Brief taucht wieder auf. Ein Briefmarkensammler hat ihn am Wochenende im international tätigen Auktionshaus Rölli-Schär in Luzern ersteigert. Der Startpreis liegt bei 1000 Franken, dem Sammler ist das Stück 2600 Franken wert. Wohl weil er in der Region Lenzburg wohnt und einen Bezug zu Holderbank hat – und weil die Zehnermarke mit der sitzenden Helvetia darauf rot abgestempelt ist.
Normalerweise seien Stempelmarken schwarz, sagt Peter Suter, Geschäftsführer des Auktionshauses Rölli-Schär. Dieser Brief ist jedoch mit roter Farbe abgestempelt worden, «das ist ungewöhnlich und erhöht den Wert der Marke». Um den Faltbrief habe ein «Bieterkampf» stattgefunden.
Suter erklärt sich die rote Farbe so: Dem Pöstler von dazumal ging die schwarze Farbe aus. Oder er drückte Marken generell die rote Stempelfarbe auf. Erlaubt war dies allemal: Holderbank war lediglich eine Postablage und keine offizielle Post. Die Kreispostdirektion schrieb Postablagen keine Stempelfarben vor.
Der Inhalt des Briefes bleibt der
az Aargauer Zeitung im Dunkeln. «Wohl kein Liebesbrief», vermutet Suter. «Zu jener Zeit konnten nur Leute aus der Oberschicht lesen und schreiben. Schrieben sie einmal einen Brief, handelte es sich meistens um etwas Geschäftliches.»